Die Begriffe “Klimawandelskepsis” und “Klimawandelleugnung” werden oft uneinheitlich oder synonym verwendet, etwa in journalistischen Beiträgen und der wissenschaftlichen Literatur. Die Verwendung der Begriffe kann je nach Autor unterschiedlich sein, so werden Menschen, die die Klimawissenschaft nicht akzeptieren, manchmal als Leugner und manchmal als Skeptiker bezeichnet. Und teilweise wird der Skepsisbegriff als Oberbegriff verwendet, der Leugnung miteinschließt. Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Bedeutungen der beiden Begriffe in ihren Verschiedenheiten und Konnotationen erklärt werden, eine sinnvolle Art der Verwendung erörtert und die Frage behandelt werden, was man diesem Phänomen entgegensetzen kann.
Begriffsklärung:
Grob gesagt wird unter den beiden Begriffen “Klimawandelskepsis” und “Klimawandelleugnung” das Phänomen des Bestreitens der Wahrheit der Erkenntnisse der Klimawissenschaft zur globalen Erwärmung verstanden. Dabei handelt es sich um eine Form von Wissenschaftsleugnung. Die beiden Begriffe werden oft synonym verwendet, wobei sie aber jeweils andere Konnotationen, also damit assoziierte emotionale und wertende Nebenbedeutungen, aufweisen. So klingt “Leugnung” viel negativer und bestimmter als “Skepsis”, welche einen (womöglich begründeten) Zweifel und Unsicherheit ausdrückt und somit weniger negativ klingt. Dies wissen auch Klimawandelleugner, also jene Personen, die klimawissenschaftliche Tatsachen zur globalen Erwärmung abstreiten. Sie verwenden daher gerne die Selbstkategorisierung als Skeptiker, da dieser einen positiveren und rationalen Anschein vermittelt.
Umso ungünstiger ist es, dass beide Begriffe in der wissenschaftlichen Literatur teilweise synonym verwendet werden. Denn einen ehrlichen Skeptiker, der vielleicht in der Tat einfach nur Verständnisprobleme und Zweifel hat und die Klimawissenschaft nicht aus politisch-ideologischen Gründen per se abstreitet, wird man noch eher überzeugen können als einen hardcore Leugner. Insofern scheinen beide Begriffe also Verschiedenes zu bezeichnen und eine Trennung wirkt sinnvoll.
Wissenschaftliche Verwendung und Teilbereiche:
In der wissenschaftlichen Literatur werden meist drei Unterbereiche von Klimawandelskepsis bzw. -leugnung unterschieden. Stefan Rahmstorf, welcher beide Begriffe synonym verwendet, unterteilt die Klimawandelskepsis in 1) Trendskepsis, 2) Attributionsskepsis und 3) Auswirkungsskepsis.
Die Trendskepsis bezieht sich auf das Phänomen, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung, bedingt durch das global umfangreiche Ausstoßen von Treibhausgasen, zu leugnen. Hier wird also schlicht bestritten, dass sich das Klima erwärmt. Die Attributionsskepsis bezieht sich auf die Ursachenzuschreibung der Klimaerwärmung durch menschliche Einflüsse. Hier wird also akzeptiert, dass sich das Klima erwärmt, aber die menschliche Verursachung wird geleugnet. Auswirkungsskepsis bezieht sich auf das Phänomen, dass die Klimaerwärmung sowie die menschliche Verursachung akzeptiert werden, diese Erwärmung aber als harmlos oder sogar vorteilhaft interpretiert wird.
Diese Unterscheidung ist sinnvoll, da es zur Überzeugung von Trendskeptikern anderer Argumente bedarf als zur Überzeugung von Auswirkungsskeptikern. Die Soziologinnen Kristin Haltinner und Dilshani Sarathchandra verwenden den Skepsisbegriff als Oberbegriff, der Skepsis und Leugnung miteinschließt. Sie betrachten diesen auf einem Kontinuum, das von Unsicherheit bis Leugnung reicht.
Persönlich finde ich im Allgemeinen die Begriffsverwendung “Klimawandelskepsis bzw. -leugnung” am geeignetsten. Will man bestimmte Personengruppen im Detail beschreiben, kann man dann “Klimawandelskepsis” und “Klimawandelleugnung” differenzieren. Somit spielt man den hardcore Leugnern auch nicht in die Karten, indem man diese mit dem harmlos klingenderen Begriff “Skeptiker” bezeichnet.
Was kann man gegen das Phänomen von Klimawandelskepsis bzw. -leugnung tun?
Da dieses Phänomen eine Art von Wissenschaftsleugnung darstellt, zudem auch meist verschwörungstheoretisch begründet ist und mit einem Misstrauen in Institutionen einhergeht, ist es leider sehr komplex und es gibt kein allgemeingültiges Rezept der Überzeugung, das bei allen Personen funktioniert. Zudem kostet es Kraft und Energie, sich auf mühsame Diskussionen einzulassen. Man sollte auch unterscheiden, ob man sich an Fremde wendet oder an Personen aus dem näheren Umfeld, wie Freunde, Familie oder Bekannte, denn erstere werden auch für die besten Argumente mit hoher Wahrscheinlichkeit weniger empfänglich sein.
Gemäß der oben beschriebenen Unterscheidung in Trend-, Attributions- und Auswirkungsskepsis bzw. -leugnung kann man herausfinden, worauf der Fokus gelegt werden sollte, um eine Person zu überzeugen. Ein guter Ansatz hierfür kann die sogenannte sokratische Methode sein, bei der anstatt mit Fakten zu belehren, gezielt Fragen gestellt werden und man die Person erklären lässt, wieso und durch welche Quellen sie in ihrer Position so sicher ist. Denn wenn man etwas selbst in eigenen Worten erklären muss und auf Nachfragen eingeht, erkennt man womöglich Wissenslücken und dass die Sicherheit in die eigene Position eventuell doch nicht so gerechtfertigt ist, wie man zunächst dachte. Dies ist wahrscheinlich effektiver als das Gegenüber mit Tatsachen zu belehren. Auch wäre es zur Überzeugung jener Personen gut, die typischen Argumentationsmuster, Fehlschlüsse und rhetorischen Tricks von Klimawandelskeptikern bzw. -leugnern zu kennen. Hierzu wird ein Artikel folgen. Zudem soll angemerkt sein, dass man jemanden zu solchen Themen selten mit einem einzigen Gespräch überzeugen wird. Vielmehr sollte man solch ein Gespräch als Saat betrachten, die Zweifel in der Sicherheit der Position des Gegenübers sät, welche sich erst allmählich entfaltet und wahrscheinlich weiterer Gespräche bedarf.
Als weitere Möglichkeit dem Phänomen entgegenzuwirken, die auch in der Forschung als effizient erwiesen wurde, gilt die sogenannte psychologische Inokulation. Diese beschreibt eine Art kognitive Impfung bzw. Immunisierung gegen Misinformation, aber ist wie Impfungen in der Medizin nur präventiv, also vorbeugend, wirksam und wirkt nicht bei Personen, die schon klimaskeptische bzw. -leugnende Überzeugungen haben. Das Prinzip funktioniert grob gesagt so, dass man unterstützende Argumente vermittelt, so wie auch Gegenargumente, die sofort widerlegt werden. Dadurch kennt man beide Seiten der Argumentation und ist in Zukunft weniger anfällig für Misinformation. Am Beispiel des Klimawandels wurde dies mit Botschaften über den wissenschaftlichen Konsens untersucht. Denn etwa 99% aller Klimawissenschaftler sind sich über den Trend, die Attribution und Auswirkungen der Klimaerwärmung einig. Klimawandelskeptiker bzw. -leugner verwenden aber z.B. häufig das Argument, dass über 31000 Wissenschaftler eine Petition unterschrieben haben, nach der es keine wissenschaftliche Evidenz für die Erderwärmung durch Kohlenstoffdioxid gäbe. Dies suggeriert, es gäbe keinen Konsens und könnte auf den ersten Blick überzeugend wirken. Denn 31000 ist eine hohe Anzahl und Wissenschaftler sind Autoritätspersonen, die über bestimmtes Wissen verfügen. Jedoch waren Unterschriften auf der Petition teilweise gefälscht und die Wissenschaftler, die unterschrieben haben, waren vorwiegend aus nicht relevanten Disziplinen mit nur etwa einem Prozent aus dem Bereich der Atmosphären- und Klimawissenschaften. Diese Taktiken zur Irreführung werden unter anderem auch von politisch motivierten Gruppen verwendet, um den Konsens der Klimawissenschaft als nicht existent darzustellen. Wenn man das weiß, ist man weniger anfällig für ähnliche zukünftige Versuche von Misinformation.
Fazit
Klimawandelskepsis bzw. -leugnung ist ein komplexes Phänomen, das aus verschiedenen Motiven resultiert. Neben genuinem Zweifel etwa aus politischer Ideologie oder psychologischen Abwehrmechanismen, um die Ernsthaftigkeit der Situation nicht einsehen zu müssen. Außerdem bestehen Interessen aus Bereichen der Politik und Wirtschaft, z.B. von fossilen Energiekonzernen, gezielt Desinformation zu verbreiten und jene Positionen in der Bevölkerung zu befeuern. Die Unterscheidung des Skepsis- und Leugnungsbegriffs wurde als sinnvoll erwiesen, da dadurch verschiedene Wahrnehmungen bezeichnet werden und dies bei der Aufklärung und für Gegenmaßnahmen zu berücksichtigen ist. Personen mit diesen Einstellungen sind leider aufgrund der Komplexität des Phänomens in der Regel schwer zu überzeugen. Die sokratische Methode sowie das Eingehen auf typische Argumentationsstrukturen von Klimawandelskeptikern bzw. -leugnern können jedoch als mögliche Ansätze hilfreich sein. Ein weiteres effizientes Instrument gegen Misinformation stellt die psychologische Inokulation dar, also die frühe Auseinandersetzung mit relevanten Fakten und Strategien zum Entkräften von Gegenargumenten bei Personen, die noch keine skeptischen bzw. leugnenden Tendenzen aufweisen. Derartige Inokulationsprozesse können in Schulen in den Unterricht integriert oder durch Workshops vermittelt werden, um der zukünftigen Generation einen nachhaltigen Schutz gegen Misinformation mitzugeben.
Quellen
Haltinner, K., & Sarathchandra, D. (2021). Considering attitudinal uncertainty in the climate change skepticism continuum. Global Environmental Change, 68, 102243.
Rahmstorf, S. (2004). The climate sceptics. Potsdam: Potsdam Institute for Climate Impact Research. Verfügbar unter: http://www.pik-potsdam.de/~stefan/Publications/Other/rahmstorf_climate_sceptics_2004.pdf
Van der Linden, S., Leiserowitz, A., Rosenthal, S., & Maibach, E. (2017). Inoculating the public against misinformation about climate change. Global challenges, 1(2), 1600008.
Benjamin Kraus (MA)
Durch mein Philosophiestudium habe ich die Neugierde schätzen gelernt und meine Passion für das Schreiben entdeckt. Neugierde hat etwas Kindliches, aber ich finde es wichtig, diese auch im Erwachsenenalter zu kultivieren. Ich lese mich gerne in neue Themengebiete ein und mir gefällt es, komplexe Sachverhalte verständlich, aber nicht verkürzt, zu erklären. Außerdem ist mir die Umwelt wichtig und in dieser Tätigkeit als Blogautor kann ich all jene Punkte wunderbar verbinden.