Meta Beschreibung:
Wo kaufe ich ein? Im Einkaufszentrum außerhalb – oder im Ortskern?
Was auf dem Spiel steht und wie Österreich damit umgeht
Wer kennt sie nicht – die Einkaufszentren außerhalb der Ortschaften mit den überall gleichen Geschäften. Im Ort selbst Leerstand und fehlende Grundversorgung.
Dieser Strukturwandel hat Folgen für Verkehr, Flächenverbrauch, Wirtschaft und das soziale Leben vor Ort. Österreich versucht seit Jahren, diese Entwicklung raumplanerisch zu steuern. Was spricht wofür – und wo liegen die Probleme?
Was macht Einkaufszentren auf dem Land so attraktiv?
Alles an einem Ort, oft längere Öffnungszeiten, vielfältiges Angebot – gerade bei Sortimenten wie Elektronik, Sport oder Möbeln, die der kleine Laden im Ort nicht immer abdecken kann. Ausreichend Parkplätze und zum Wohlfühlen Gastronomie und Unterhaltung.
Die Schattenseiten: Kaufkraftabfluss und Leerstand
Ein Teil der täglichen Einkäufe verlagert sich vom Zentrum an den Ortsrand. Weniger Läden im Zentrum heißt auch: weniger spontane Begegnungen, weniger Gründe, überhaupt noch zu Fuß oder mit dem Rad ins Zentrum zu fahren. Gastronomie und Services bekommen das ebenfalls zu spüren. Wo weniger Menschen unterwegs sind, sinken Umsätze, Mieten geraten unter Druck, Geschäfte sperren zu. Laut Handelsverband liegt in Österreichs Kleinstädten die Leerstandsquote bei 15,6% – deutlich höher als in größeren Städten.
Flächenverbrauch, Verkehr und Klima
Standorte „auf der grünen Wiese“ verbrauchen mehr versiegelte Fläche und erzeugen zusätzlichen Autoverkehr. Der WWF Bodenreport 2024 warnt: Österreichs Flächeninanspruchnahme liegt weiterhin deutlich über den Nachhaltigkeitszielen; ohne Gegensteuern werde alle 10 Jahre eine Fläche in der Grössenordnung Wiens zusätzlich verbaut. Für Gemeinden bedeutet das: mehr Infrastruktur- und Folgekosten (Erschließung, Straßen, Licht, Entwässerung), die später das Budget belasten.
Was der Nahversorger im Zentrum leistet
Der Einzelhandel in Orts- und Stadtzentren bietet aber mehr als nur Waren: Er schafft Begegnungsräume, hält Wege kurz und stützt andere Nutzungen – von der Bäckerei über die Apotheke bis zum Wochenmarkt. Wo die Grundversorgung fußläufig erreichbar ist, bleiben Orte für Ältere, Jugendliche und Menschen ohne Auto lebenswert. Für Gemeinden zahlt sich das doppelt aus: attraktive Zentren steigern die Standortqualität, ziehen Dienstleistungen an und fördern sanfte Mobilität.
Aber: Der Ortskern muss liefern
Zentren gewinnen nur, wenn sie zeitgemäß sind. Gute Erreichbarkeit mit Bus, Rad und zu Fuß; verträgliches Parkplatzmanagement, barrierefreie Wege; ein attraktiver Mix aus Handel, Gastronomie, Dienstleistungen und Kultur; attraktive Öffnungszeiten. Aufenthaltsqualität zählt – autofreie, beschattete Plätze und Sitzgelegenheiten bis zu sauberem öffentlichen Raum und sicheren Querungen. Leerstandsmanagement, Zwischennutzungen, Pop-ups, Gründerförderung, gemeinsames Stadtmarketing.
Was Kommunen jetzt praktisch tun können
Die Datenlage ist klar: Wenn wir lebendige Zentren wollen, müssen wir sie aktiv stärken – und neue Außenstandorte nur dort zulassen, wo sie nachweislich verträglich sind. Die Raumordnung in Österreich setzt deshalb auf das Prinzip “Innen- vor Außenentwicklung“: Erst bestehende Standorte stärken und nachverdichten, bevor neue Flächen am Ortsrand ausgewiesen werden. Der 17. ÖROK (Österr.Raumordnungskonferenz)-Bericht unterstreicht diese Linie und dokumentiert, wie Länder und Gemeinden über Widmungen, Standortverordnungen und Gutachten großflächigen Handel steuern.
FAZIT:
Problematisch sind Einkaufszentren, wenn
– außerhalb bestehender Siedlungsgrenzen neue Zersiedelung stattfindet
– sie nur autoabhängig funktionieren
– grossflächig versiegelt wird
– nahe Orts- und Stadtzentren ihrer Nahversorgung beraubt werden
Verträglich sind Einkaufszentren nur dann, wenn
– der Standort gut an den öffentlichen Verkehr angebunden ist
– das Ortszentrum keinen übermäßigen Kaufkraftabzug erleidet
– Flächen- und Energieeffiziente Bauweisen mit sparsamer Versiegelung umgesetzt werden
– Ausgleichsmassnahmen im Ortskern verankert werden (z. B. Beiträge für Ortskernprojekte, Mobilitätskonzepte, Begrünung).
Die österreichische Raumordnung kennt dafür Instrumente – von Widmungen über Handelsgroßbetriebs-Verordnungen bis zu regionalen Entwicklungsprogrammen –, ihre konsequente Anwendung ist entscheidend. Es liegt aber auch an uns, die Bemühungen wahrzunehmen und unser Kaufverhalten anzupassen.
Quellen:
WWF Österreich: Bodenreport 2024 (Report, 11. 06. 2024) https://www.wwf.at/wp-content/uploads/2024/06/WWF_Bodenreport_2024.pdf
Zugriff 25.8.2025
ÖROK:17.Raumordnungsbericht 2021-2023 (Bericht, 2024) https://www.oerok.gv.at/fileadmin/user_upload/publikationen/Schriftenreihe/217/OEROK_SR217_17.ROB_2024.pdf
Zugriff 25.8.2025
City Retail Health 2025 (Presseinfo Handelsverband, 26. 02. 2025) https://www.handelsverband.at/presse/presseaussendungen/city-retail-health-check-2025/
Zugriff 25.8.202