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Boden­ver­sie­gelung

Der Klima­wandel steht tagtäglich im Mittel­punkt unseres Lebens mit gefor­derten Maßnahmen von Seiten der Politik, Umwelt­or­ga­ni­sa­tionen versuchen, Menschen wachzu­rütteln und zum Umdenken zu bewegen, Protest­be­we­gungen, mit zum Teil spekta­ku­lären Aktionen und der Klima­wandel als Tages­themen in den Medien und politi­sches Streit­thema. Beson­deres Augenmerk wird dabei aktuell auf Vermeidung des CO2-Austoßes durch Mobilität, Energie­ge­winnung, Heizen gelegt.

Viel weniger Aufmerk­samkeit erhält leider aktuell noch die fortschrei­tende Flächen­ver­bauung mit daraus folgender Boden­ver­sie­gelung. Hier ist Öster­reich einer der Spitzen­reiter in Europa. Dabei hat die Boden­ver­sie­gelung sehr viel mit dem Klima­wandel zu tun.

Boden­ver­sie­gelung hat nicht nur den Verlust biolo­gisch nutzbarer Flächen zur Folge. Meist resul­tieren daraus Zersie­delung, Zerschneidung von Natur­räumen und Verlust wichtiger Boden­funk­tionen. 

Ökolo­gische Auswir­kungen der Boden­ver­sie­gelung [2]

Laut Deutschem Umwelt­bun­desamt, hat eine maßlose Versie­gelung von Böden, eine direkte Auswirkung auf den Wasser­haushalt: Regen­wasser kann nicht ausrei­chend gut versi­ckern, was sich wieder auf den Grund­was­ser­spiegel auswirkt. Dadurch, dass Regen­wasser nicht ausrei­chend versi­ckern kann, kommt es immer öfter zu örtlichen Überschwem­mungen, v.a. bei starken Regen­fällen — die Kanali­sation kann die dabei anfal­lenden Wasser­massen nicht mehr kompen­sieren. 

Boden­ver­sie­gelung hat auch eine Auswirkung auf das Klima. Durch die Versie­gelung kann das Wasser nicht mehr verdunsten und die Böden können auch nicht mehr im Sommer zur Kühlung beitragen. 

Da diese Böden nicht für Pflanzen vorge­sehen sind, fällt auch deren Funktion als Verdunster von Wasser und als Schat­ten­spender weg (man stelle sich nur die Funktion eines großen Baumes im Sommer vor, die Kühle und den angenehmen Schatten).        

Wichtig ist auch hervor­zu­heben, dass die Frucht­barkeit von Böden durch eine Versie­gelung ganz enorm geschädigt wird. Erhält der Boden kein Wasser und keine Luft, geht die dortige Flora zugrunde. Die Boden­flora wiederum wird benötigt, um neue fruchtbare Böden zu bilden. Selbst, wenn Böden wieder entsiegelt werden, erholt sich die natür­liche Struktur des Bodens nicht mehr vollends. Es dauert sehr lange, bis wieder eine natür­liche Boden­frucht­barkeit entsteht und auch diese ist nicht mehr in der Güte wie davor 

[3] Lt. Presse­aus­sendung der APA-OTS vom 2. Dezember 2022 warnt Ursula Bittner, Arten­schutz-Expertin von Green­peace, im Rahmen des Weltbo­den­tages, dass wir durch den massiven Boden­ver­brauch die heimische Arten­vielfalt unsere Ernäh­rungs­si­cherheit und unsere Lebens­qua­lität aufs Spiel setzen. Als größter CO2-Speicher ist ein gesunder Boden für den Kampf gegen die Arten- und Klima­krise unver­zichtbar.

Die Verwendung von Pesti­ziden und Dünge­mitteln, im Rahmen der konven­tio­nellen Landwirt­schaft, zerstört Boden­or­ga­nismen wie Tiere, Bakterien und Pilze, die den Boden fruchtbar halten. 

Hinzu kommt der Einsatz schwerer Maschinen und die intensive Nutzung, welche die Böden zusätzlich unter Druck setzen und verdichten. Verdichtete Äcker und Böden können wiederum schlechter Wasser aufnehmen, haben ein erhöhtes Erosi­ons­po­tential und werden im schlimmsten Fall unfruchtbar. 

Durch die Zerstörung der Böden geht wertvoller Humus verloren. Das ist fatal: Die Neubildung von nur einem Zenti­meter Humus dauert 100–200 Jahre.                                                                                     

Leider ist Öster­reich trauriger Spitzen­reiter Europas bzgl. Boden­ver­brauch. Kein anderes europäi­sches Land verliert täglich solch eine Masse an wertvollem Boden. Auch hat Öster­reich das dichteste und längste Straßennetz in Europa — pro Kopf verfügen wir über 15 Meter lange Straßen. Was es braucht, ist ein sofor­tiger Stopp von großen unöko­lo­gi­schen Baupro­jekten”, so Bittner. Die Bundes­re­gierung hat sich im Regie­rungs­pro­gramm verpflichtet, den Boden­ver­brauch bis 2030 auf maximal 2,5 Hektar pro Tag zu senken. Derzeit liegt der Verbrauch bei 11,5 Hektar pro Tag, pro Jahr sind das 4200 Hektar. Das entspricht der Größe von Eisen­stadt. Damit verfehlt die Bundes­re­gierung ihr selbst gestecktes Ziel bis jetzt meilenweit. Green­peace fordert, dass der Boden­ver­brauch bereits 2025 auf 2,5 und bis 2030 auf maximal einen Hektar pro Tag gesenkt wird. Wer sich einen detail­lierten Einblick der Boden­ver­bauung in Öster­reich verschaffen möchte, findet dies in den Statis­tiken des Öster­rei­chi­schen Bundes­um­welt­amtes [4]

Wunderwerk Boden in seiner natür­lichen Beschaf­fenheit 

Was Boden bedeutet in seiner Entwicklung, Zusam­men­setzung und Beschaf­fenheit würde Seiten sprengen.   In einem von der BOKU-Wien zur Verfügung gestelltem download­barem Buch, wird sehr ausführlich dieses Thema beschrieben.  Hier ein kleiner Auszug daraus: Francé-Harrar Annie. „Humus.“ [5]

Frucht­barer Boden, Humus, ist eine Formation, aufgebaut aus einer Summe unzäh­liger Faktoren, die im einzelnen einem stetigen Wandel unter­liegen können. Er entsteht durch ein vielfach gekop­peltes Zusam­men­spiel anorga­ni­scher Umset­zungen, organi­scher Abläufe und Lebens­pro­zesse der boden­be­woh­nenden Mikroben in ewigem schöp­fe­ri­schen Kreislauf. Er ist im Verlauf von Jahrmil­lionen geworden. Darum ist es für den Menschen so schwer, hochwer­tigen Humus herzu­stellen. Ein befrie­di­gendes Produkt läßt sich nur erzielen, wenn es nach den natür­lichen Gesetz­mä­ßig­keiten der schöp­fe­ri­schen Natur gewonnen wird.

Humus wird aus dem Leben vom Leben für das Leben geschaffen. Man neigt dazu, unter “„Humus” in erster Linie den im Boden vorhan­denen Reichtum an organi­schen Substanzen zu verstehen. Dabei darf aber der Mineral­gehalt nicht übersehen werden, der in den bebauten Böden unserer Zeitepoche das Überge­wicht erlangt hat, im Gegensatz zu jenen vergan­genen Erdpe­rioden, in denen eine gleich­mäßig feuchte Wärme Jahrtau­sende lang die Bildung organi­scher Boden­sub­stanz in den riesigen Waldge­bieten förderte. Das Verhältnis von organi­schem zu minera­li­schem Anteil der Substanz hat sich zu Ungunsten des Bodens verschoben.

Ein Ideal­boden sollte folgende Zusam­men­setzung aufweisen:

65% organische Substanz

20% edaphische Organismen

15% Mineral­sub­stanz.

Aber es gibt auf der Erde praktisch keinen solchen Überfluß an organi­scher Substanz mehr, höchstens noch in nie betre­tenen Winkeln tropi­scher Urwälder, keines­falls aber bei unseren Kultur­böden.                                                    

Durch eine syste­ma­tisch betriebene Humus­wirt­schaft könnte man aber in abseh­barer Zeit das organisch-anorga­nische Gleich­ge­wicht der Kultur­böden wieder herstellen.

Die Umstellung auf Humus­wirt­schaft bedeutet aller­dings für die Landwirt­schaft eine einschnei­dende Revolution. In vierzig­jäh­riger prakti­scher Arbeit konnte ich mich davon überzeugen.

Dem Landwirt von heute steht kein Ideal­boden mehr zur Verfügung. Jeder Boden, der einmal, und wenn auch nur kurze Zeit, bebaut wurde, verändert sich so, daß sein ursprünglich organi­scher Überschuss einem minera­li­schen Überschuss Platz macht. Auch wenn die Bebauung aufhört, bleibt diese Verän­derung noch lange weiter bestehen.Mit anderen Worten nennt man dieses Geschehen Boden­ver­armung, Boden­de­gra­dierung. Es ist eine Krankheit, langwierig und schwer heilbar. Sie ist aber vermeidbar, wenn die Natur­ge­setze des Bodens von Anfang an beachtet werden.“

Wie man aus diesem kurzen Buchaus­schnitt sieht, ist es eine enorme Heraus­for­derung, Böden wieder zu Humus werden zu lassen, wie in diesem Buch ausführlich beschrieben wird. Aber dadurch wird uns auch klar, was Boden wirklich bedeutet und wie wichtig es ist, diesen zu erhalten, selbst wenn er nicht mehr den ursprüng­lichen Humus­kri­terien entspricht.

Was kann jeder von uns selbst dazu beitragen, um den Boden zu schützen?

Gesetze, Regie­rungs­ent­schei­dungen können wir nur in geringem Ausmaß beein­flussen. Aber auch jeder von uns kann etwas dazu beitragen, um den Boden zu schützen.

[6]  Die Umwelt­be­ratung Öster­reich empfiehlt daher:

  • Bio, regional und fair einkaufen
  • keine Palmöl-Produkte kaufen
  • weniger Fleisch am Teller
  • Lebens­mit­tel­reste verwerten statt wegschmeißen

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